Weiteres Oberlandesgericht kippt 15-Minuten-Zeittaktklausel für Anwaltshonorar

Eigentlich sollen Rechtsanwälte im Zivilrecht nach festen Gebührenrahmensätzen für ihre Tätigkeit nach den Tabellen des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) abrechnen. Gerne schließen sie aber auch Vereinbarungen mit ihren Mandanten ab, nach denen sie sich stattdessen einen Stundensatz auszahlen lassen. Wird dann noch ein Zeittakt definiert, der für jede Tätigkeit eine Art Mindestzeit als Abrechnungszeitraum vorgibt, können für die Rechtsuchenden erhebliche Kostenfallen entstehen. Die Gerichte gehen im Interesse der Verbraucher zunehmend dagegen vor. >Es wird fast zum Trend: Erwerbsorientierte Rechtsanwälte verlangen in letzter Zeit teils recht üppige Beträge pro Arbeitsstunde. Sätze von 200 Euro und mehr sind keine Seltenheit. Dies ist - wenn der Mandant einverstanden ist - auch eindeutig zulässig. Am Ende des Mandats erwartet der Mandant dann eine Übersicht über die aufgewendete Zeit und eine den Stunden und gegebenenfalls ihren Bruchteilen entsprechende Rechnung. Wird aber zusätzlich auch eine Zeittaktklausel vereinbart, kann die reale Arbeitszeit kostenmäßig noch deutlich überschritten werden. In den zuletzt bekannt gewordenen Fällen wollten sich die Anwälte jede angefangene Viertelstunde vergüten lassen. Wurde also nur ein 5-minütiges Telefonat geführt oder musste an einem Tag nur ein gegnerischer Brief gelesen werden, wurde sogleich das Honorar für eine gesamte Viertelstunde in Rechnung gestellt.

Teure Abrechnungsart

Gegen diese Art der Abrechnung haben sich in den letzten Jahren vermehrt Mandanten zur Wehr gesetzt. Und tatsächlich hat bereits das Oberlandesgericht Düsseldorf Im Jahr 2010 entschieden, dass 15-Minuten-Zeittaktklausel in einer standardisierten Honorarvereinbarung unwirksam ist, weil sie die Mandanten unangemessen benachteiligt und das Prinzip der Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung empfindlich verletzt, sprich: die Vergütung des Anwalts unangemessen hoch ist. Dies folgerte das Gericht zum einen daraus, dass eben jede Tätigkeit eines Anwalts, auch wenn sie nur wenige Minuten oder gar Sekunden dauere, im Zeittakt von jeweils 15 Minuten zu vergüten sei. Zum anderen werde laut Urteilsbegründung aber auch jede länger dauernde Tätigkeit unangemessen hoch vergütet, wenn sie den jeweiligen 15-Minuten-Zeitraum womöglich nur um Sekunden überschreite.

OLG München schließt sich an

Das Oberlandesgericht München hat bisher derartige Vergütungsregelungen für noch zulässig erachtet. In seinem jüngsten Urteil zu dieser Problematik hat es seine bisherige Rechtsprechung jedoch aufgegeben. Wie zuvor schon die Düsseldorfer Kollegen halten die bayerischen Richter nun ebenfalls eine 15-Minuten-Zeittaktklausel für unwirksam. Im zu entscheidenden Fall haben die Richter die vom Rechtsanwalt aufgelisteten 70 Einzelpositionen seiner Rechnung einmal nach realem Zeitaufwand durchgerechnet und herausgefunden, dass dies seine Honorarforderung um 65 Prozent mindern würde.
Die entsprechende Abweichung von der tatsächlichen Rechnung des Anwalts sei aus diesem Grunde unverhältnismäßig. Das Gegenargument, dass die Anwaltstätigkeit in aller Regel längere Zeitabschnitte als nur wenige Minuten umfasse, ließ das Gericht nicht gelten. Für manche Mandate möge dies zutreffen, für Mandate mit häufigem Mandantenkontakt und Abstimmungsbedarf mit dem Gegner in Einzelpunkten hingegen sicher nicht, führte der Senat weiter aus. In der Urteilsbegründung ließ er allerdings durchblicken, dass er nicht generell jede Zeittakt-Regel für unangemessen halte. Eine Höchstgrenze von 6 Minuten könne in einer pauschalierten Abrechnung zulässig sein.

Der BGH muss entscheiden

Weil es nach wie vor eine uneinheitliche Rechtsprechung der Oberlandesgerichte gebe, ließ das OLG München die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) zu. Auch wurde das praktische Bedürfnis einer höchstrichterlichen Entscheidung in dieser grundsätzlichen anwaltsrechtlichen Frage für hoch erachtet. Das letzte Wort in Sachen Zeittakt in der Anwaltsrechnung ist also noch nicht gesprochen.