Ist ein Arztbesuch während der Arbeitszeit erlaubt?

Krankheit kann jeden treffen. Nicht immer ist es aber so schlimm, dass gleich Arbeitsunfähigkeit eintritt. Auch Nachsorge oder Routinekontrollen erfordern Arztbesuche. Meist sind die Termine in den Praxen jedoch knapp. Nur selten wird auf die besonderen Wünsche von Patienten eingegangen, besonders bei speziellen Fachärzten. Arbeitnehmer stehen dann vor der Frage, ob ein Arzttermin auch während der Arbeitszeit wahrgenommen werden kann.

Muss mich mein Arbeitgeber zum Arztbesuchs freistellen?

Grundsätzlich nein! Eine generelle Pflicht, Arbeitnehmer bei voller Bezahlung für einen Arztbesuch freizustellen, besteht für Arbeitgeber nicht. Die Mitarbeiter müssen Arztbesuche - wenn sie nicht arbeitsunfähig sind - in ihrer Freizeit organisieren, also vor Arbeitsbeginn oder nach Feierabend. Allerdings keine Regel ohne Ausnahme: In folgenden Fällen muss der Arbeitgeber den Arztbesuch während der Arbeitszeit ermöglichen.

Notwendigkeit des Arztbesuchs

In einem grundlegenden Urteil hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass ein notwendiger Arztbesuch in der bezahlten Arbeitszeit durchgeführt werden darf. Dabei stellt es auf die medizinische und gesundheitliche Dringlichkeit der Untersuchung bzw. Behandlung ab. Klar ist, dass der Arztbesuch erfolgen darf, wenn Krankschreibung zu erwarten ist, weil dann bereits Arbeitsunfähigkeit vorliegt. Auch zur Vermeidung einer solchen - etwa bei einer fiebrigen Infekten - ist der Arbeitnehmer freizustellen. Denn die Untersuchung ist dringlich, um ein Ausweiten der Erkrankung zu verhindern.

Liegt jedoch ein weniger dringendes Problem vor, das keine sofortigen ärztlichen Maßnahmen erfordert, muss ein Termin außerhalb der Arbeitszeit gesucht werden.

Keine Termine frei

Oftmals ist es für Patienten sehr schwierig, zeitnah einen Wunschtermin beim Arzt zu bekommen. Ist der Arzt nicht bereit oder in der Lage, einen Arbeitgeber außerhalb dessen Arbeitszeit zu behandeln, darf er auch dann von seinem Arbeitgeber Freistellung verlangen. Denn das Bundesarbeitsgericht hält einen Arztbesuch bereits für notwendig, wenn der Arzt seinen Patienten zu einem bestimmten Termin einbestellt und ihm bei Wünschen auf Verlegung nicht entgegenkommen kann oder will. Im Streitfall wird man dies dem Arbeitgeber allerdings nachweisen müssen. Der Arbeitgeber muss sich dabei auch nicht auf die Möglichkeit eines Arztwechsels verweisen lassen, um günstigere Termine zu bekommen. Die freie Arztwahl ist ein wichtiges Rechtsgut und überwiegt auch ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers an der unterbrechungslosen Arbeitsleistung.

Vorsorgeuntersuchungen

Sollen lediglich vorsorgende Untersuchungen stattfinden wie beispielsweise routinemäßige Zahnarztbesuche, liegt keine medizinische Notwendigkeit für eine unmittelbare Behandlung vor. Der Arbeitnehmer muss diese in seine Freizeit legen. Dabei ist ihm auch zuzumuten, dass es eventuell zu längeren Wartezeiten kommt.

Flexible Arbeitszeiten


Bestehen nach dem Arbeitsvertrag Gleitzeitregelungen oder ist der Arbeitnehmer lediglich teilzeitbeschäftigt, hat er größere terminliche Freiräume, um seine Arztbesuche zu organisieren.

Dementsprechend muss er auf die Interessen seines Arbeitgebers Rücksicht nehmen, wenn er zum Arzt möchte. Der Arbeitgeber darf verlangen, dass Arztbesuche im Rahmen der Freizeit erfolgen und dass flexible Arbeitszeiten entsprechend eingeteilt werden, um außerhalb der Arbeitszeit zum Arzt zu gehen. Anderes gilt wiederum, wenn die Beschwerden so akut sind, dass eine sofortige Behandlung angezeigt ist. Dann darf auch im Gleit- oder Teilzeitarbeitsverhältnis eine Freistellung während der Arbeitszeit beansprucht werden.

Informationspflichten des Arbeitnehmers

Wie bei jeder Abwesenheit innerhalb der Arbeitszeiten muss der Arbeitgeber zuvor oder - wenn das nicht möglich ist - unverzüglich über den Grund und die Dauer der Fehlzeit unterrichtet werden. Der Arbeitgeber hat auch Anspruch auf eine vom Arzt unterschriebene Bestätigung des Besuchs. Zweckmäßigerweise sollte der Arbeitnehmer darauf achten, dass darin auch die Notwendigkeit des Arztbesuchs bescheinigt wird. Versäumt es der Arbeitnehmer, seine Abwesenheit entsprechend anzukündigen und zu belegen, droht erheblicher Ärger: Der Arbeitgeber darf den Arbeitnehmer auch bei berechtigtem Arztbesuch abmahnen. Im Wiederholungsfall könnte daraus sogar eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses erwachsen.