Architekten: EuGH-Urteil grenzt Honorar-Regularien ein

Die Architekten in Deutschland müssen sich auf Veränderungen einstellen. Die Mindestsätze der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) ist längst nicht mehr der Maßstab. Private Bauherren wird es freuen, fiel so manche Rechnung vom Architekten doch sehr großzügig aus. Nicht jeder Architekt informiert seine Kunden über die Regularien der HOAI. Problematisch ist das vor allem, wenn im Vorfeld eine feste Honorarsumme vereinbart wurde.

Architekten hatten bislang die Möglichkeit, bei Honoren auch dann den Mindestsatz zu verlangen, wenn zuvor eine andere Regelung getroffen wurde. Die Mindest- und Höchstsätze waren gesetzlich festgelegt und von allen Parteien einzuhalten. Das hat in der Vergangenheit des Öfteren zu Streit zwischen Architekten und Kunden geführt. Problematisch ist eine zu hohe Rechnung vor allem dann, wenn die Leistungen nicht stimmen. Deshalb hat das EuGh die Mindest- und Höchstpreisregelungen der HOAI nun infrage gestellt.

EuGH trifft Entscheidung

Die Bundesrepublik Deutschland hat gegen die Verpflichtungen aus Artikel 15 Absatz 1 und Absatz 3 Richtlinie 2006 /123 / EG verstoßen. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGU) mit dem Urteil vom 04.07.2019 – RS.C-377/17 entschieden. Laut Urteil ist es nicht rechtmäßig, für Leistungen von Architekten verbindliche Honorare festzulegen.
Mindest- und Höchstpreise dürfen in Ausnahmen erhoben werden, etwa wenn ein Allgemeininteresse besteht, welches nur durch einen Mindestpreis befriedigt werden kann.

EuGH-Entscheidung tritt sofort in Kraft

Laut Aussage der EuGH konnte die Bundesrepublik Deutschland bislang nicht nachweisen, dass die in der HOAI festgelegten Mindestsätze gerechtfertigt sind. Hierfür müssten zunächst Qualitätsprüfungen in den entsprechenden Branchen durchgeführt werden. Zudem ist eine ausgiebige Prüfung des Verbraucherschutzes notwendig, denn gehobene Sicherheits-Standards in Deutschland gelten ebenfalls als Grund für die festgelegten Mindestsätze.
Auch die Höchstsätze konnte die Bundesrepublik Deutschland auf Nachfrage der EuGH nicht zufriedenstellend rechtfertigen. Der EuGH schlussfolgert daraus aus, dass Architekten ihre Höchstsätze deutlich flexibler festlegen dürfen. Andere Regelungen der HOAI wurde im Rahmen des Urteils nicht weiter erörtert und haben wie bisher Bestand. Die Entscheidung des EuGH tritt sofort in Kraft und hat unmittelbare Auswirkungen auf die betroffenen Berufszweige.

Folgerungen für Architektenverträge

Die Entscheidung des EuGH hat maßgebliche Auswirkungen auf Architektenverträge. Bereits geschlossene Verträge müssen von Fall zu Fall betrachtet werden. Grundsätzlich gilt: wurde eine konkrete Vertragsvereinbarung getroffen, muss diese auch weiterhin eingehalten werden.
Mindest- und Höchstsätze sind oft an Vereinbarungen wie „Vertragsgrundlage“ gekoppelt. Der EuGH nimmt derzeit an, dass Formulierungen dieser Art eine Vorlage darstellen sollen. Jedoch sind Mindest- und Höchstsätze rechtswidrig. Deshalb erscheint diese Aussage unwahrscheinlich. Es gilt, zukünftige Entwicklungen im Honorarrecht abzuwarten.

Regularien dieser Art sind in diversen Verträgen zu finden. Das bedeutet jedoch nicht, dass sie auch rechtlichen Bestand haben. Die Rechtssprechung muss die Entscheidung treffen, ob ergänzende Paragrafen in Architektenverträgen grundsätzlich zugelassen sind. Bleibt man bei der Annahme, dass die Mindest- und Höchstsätze lediglich als Vorgabe dienen sollen, dürften auch ausdrückliche Vereinbarungen wie „Annahme“ oder „Vertragsgrundlage“ Bestand haben. Formulierungen, die zu grob gefasst sind, erlauben keine genaue Deutung und sind dagegen nicht zulässig.

So werden künftige Architektenverträge aussehen

Wurde keine konkrete Vereinbarung über das Honorar getroffen, gilt das laut werksvertragsrechtlichen Vorschriften übliche Honorar. Damit ist nicht zwingend der HOAI-Mindestsatz gemeint, denn der Wettbewerb bietet oftmals niedriger, aber auch höhere Honorare.
Jedoch bleibt die Frage nach der jeweils richtigen Honorarhöhe bestehen. Dies könnte in Zukunft zu rechtlichen Schwierigkeiten führen und sogar Präzedenzfälle schaffen. Weitere Urteile müssen abgewartet werden, bevor sich die Konsequenz der Entscheidung absehen lässt.

Zukünftig wird den von Vertragsparteien festgelegten Vereinbarungen ein wesentlich größerer Stellenwert beigemessen. Schriftliche Verträge haben nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshof besonders viel Gewicht.
Bei einem Planungsauftrag gilt es, alle Details schriftlich zu vereinbaren. Ein schriftlicher Vertrag, der die Details des Planungsauftrags möglichst umfassend beschreibt, gibt die nötige Rechtssicherheit.